Die Do Not Do It Yourself Grenze

(Sorry, all German!)Ich habe im Laufe meiner Zeit, im Freundeskreis und anderswo, Aussagen wie “mach das doch nicht selbst, du bist doch viel zu teuer dafür” gehört. Meist fiel diese Aussage mit Bezug auf Gartenarbeit oder Reparaturen am Haus. Während ich nun, bereits seit längerem, größere Arbeiten am Haus kalkuliere und dabei einige Leistungen in Eigenarbeit machen möchte kriselt es etwas bei mir. Grund dafür eben die Frage, wann ergibt es finanziell Sinn Arbeiten abzugeben, die ich selbst qualitativ gleich gut hinbekommen kann…

Die D-DIY Grenze

Die D-DIY Grenze befindet sich, soweit ich es immer gesagt bekommen habe, an der Stelle, wo das was der Handwerker kostet, weniger ist, als man selbst in der Stunde verdient. Entsprechend ergäbe es Sinn die Aufgabe abzugeben, da man nach dieser Stunde sowohl die getane Arbeit als auch das Gehalt, abzüglich der Kosten, haben kann. Zwei massive Ausnahmen bestätigen dabei diese Regel:

  • Spaß, Freude, Entspannung, Meditation: Manche Tätigkeiten helfen dabei den Kopf freizubekommen, sich zu entspannen und danach einfach wieder frisch an eine Tätigkeit gehen zu können. Dies betrifft sowohl das Schneiden von Ästen oder das Fällen eines Baums, während man gerade im Kopf Lösungen für Probleme auf der Arbeit sucht, als auch die Inventarisierung von Verbrauchsmaterialien und Werkzeugen auf der Arbeit selbst, welche dem Kopf einfach Entspannung bieten. Gerade letzteres sind häufig Aufgaben, die “teurem” Personal auf der Arbeit abgenommen werden, ohne zu sehen, dass diese Phasen für den kreativen Prozess notwendig sein können.
  • Körperliche Arbeit und gesundheitliche Leiden: Sitzt man den ganzen Tag am Computer kann das Anbringen einer Holzdecke überkopf, mit gestrecktem Arm und dem 2kg Akkuschrauber in der Hand ziemlich auf die Muskeln gehen. Schlimmer wird es, wenn 40kg Zementsäcke durch die Gegend getragen werden müssen und Estrich gegossen werden möchte. Manche Tätigkeiten sind einem einfach zu viel und man gibt sie gerne ab. Fairerweise könnte man dieser Aufgaben auch in eine “nicht können” Kategorie stecken, denn gerade bei gesundheitlichen Leiden, wird manch eine Aufgabe einfach unmöglich.

Wie Eingangs geschrieben, gehe ich von Aufgaben aus, zu denen man selbst fähig ist, Laienarbeiten oder etwas, wofür man einfach ein Händchen hat. Entsprechend ignoriere ich an dieser Stelle auch Investitionskosten wie Werkzeuge etc., mit der Annahme entweder ich habe sie ohnehin oder sie sind für simple Arbeiten und entsprechend vermutlich auch günstig.

Was kosten Handwerker?

Befragt man das Internet landet man bei sehr breiten und diversen Preisspannen. Fragt man im Freundeskreis wird es ähnlich spannend. Ein guter Freund berichtete mir letzte Woche von der Sanierung (alles raus und neu) eines Badezimmers, in dessen Rahmen, in der es schwer fiel einen Handwerker auf dem Land zu finden, der weniger als 100€ / Std nimmt. Aus einem Angebot für eine Heizung nehme ich 70€ für eine Monteurstunde und 35€ für eine Helferstunde, was die Preisspanne des Internets stützt. Hier ergibt es also vermutlich wenig Sinn mit konkreten Werten zu rechnen, sondern eher einen Graphen zu zeichnen.

Was kosten Handwerker mindestens?

Von der Seite der HWK Reutlingen nehme ich 76,78€ für eine Handwerkerstunde . Die Deutsche Handwerkszeitung rechnet mit anderen Referenzwerten, kommt jedoch bei ähnlichen 76,58€ pro Stunde raus . Nimmt man nun beide Referenzen und betrachtet das Gehalt des Handwerkers landet man bei der HWK Reutlingen bei 74% Overhead (Bruttolohn von 20€) und bei der DHZ bei 71% Overhead (Bruttolohn von 21,50€) für betriebliche Ausgaben, Steuern, Gewinn etc. Raus. Nehmen wir nun als weitere Referenz den aktuellen Mindestlohn von 12,82€, addieren die übrigen 70%, wir möchten uns nicht überschätzen, landen wir bei 42,73€ / Stunde.

Was sind typische Gehälter?

Laut statistischem Bundesamt liegt der mittlere Bruttojahresverdienst im Jahr 2024 bei 52.159€ , der Durschnitt liegt bei 62.235€. Laut Handelsblatt hatte ein Arbeitnehmer in NRW im Jahr 2024 221 Arbeitstage( https://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/steuern/arbeitstage-rechner-2025-wie-viele-arbeitstage-hat-ein-jahr/100070697.html) , aus denen Urlaubstage und Feiertage bereits herausgerechnet worden sind. (Auch hier runden wir wieder, und lassen entsprechend die 30 Tage Urlaub außen vor.) Rechnen wir mit 8 Std Arbeit am Tag kommen wir bei 1.768 Stunden raus.
Entsprechend:
52.159€ / 1.768 Std = 29.50 / Std
62.235€ / 1.768 Std = 35.20€ / Std
Zumindest, wenn da nicht noch Steuern und Sozialabgaben wären. Der Brutto – Netto Rechner der Sparkasse korrigiert unsere Zahlen nach unten. Lebend in NRW, Steuerklasse 1, ohne Kinder, mit Kirchensteuer und gesetzlicher Krankenversicherung nach den Referenzenwerten des Rechners landen wir bei:
52.159€: 33.192.96€ / 1.768 Std = 18,77€ / Std
62.235€: 38.206.56€ / 1.768 Std = 21,61€ / Std

Zwischenstand

Für mich selbst, ist dieser Zwischenstand bereits sehr überraschend. Ich habe offen gesagt bei Überlegungen zur D-DIY Grenze nie über konkrete Zahlen nachgedacht. Auch habe ich Freunde und Bekannte bei der Aussage “Ich bin zu teuer für die Arbeit” nie hinterfragt. Praktisch zeigen die Zahlen jedoch, dass eine Person sowohl mit mittlerem als auch mit durchschnittlichem Einkommen bereits zwei Stunden arbeiten muss um einen Handwerker, der Mindestlohn verdient zu bezahlen.

Unbezahlter Urlaub & Stundenreduktion

Je nach Aufgaben / anstehender Arbeit und Arbeitsvertrag kommen unterschiedliche Szenarien in Frage. “Urlaub nehmen” wird hierbei explizit außenvorgelassen!

Manche Arbeitnehmer bieten die Möglichkeit die Wochenarbeitszeit zu reduzieren. Den inneren Schweinehund außenvor, bestände also die Option mit Verzicht auf eine Stunde Gehalt pro Woche, eine Stunde für Arbeit in Haus und Garten zu erkaufen. Oder auch zwei oder drei Stunden. Bei den oben aufgezeigten Zahlen erscheint dies ggf. die günstigere Option zu sein, sofern man die anstehende Arbeit auch wirklich selbst angemessen gut umsetzen kann. Selbst wenn man langsamer ist als der Handwerker rechnet es sich vermutlich immer noch …

Bei größeren Projekten kommt man mit ein, zwei Stunden pro Woche definitiv nicht hin und man müsste über unbezahlten Urlaub nachdenken, sofern der Arbeitgeber mitspielt. Laut Techniker Krankenkasse , bleibt man im ersten Monat des unbezahlten Urlaubs weiter über den Arbeitgeber versichert. Ab dem zweiten Monat kann/muss sich freiwillig versichert werden. Hierfür gibt die TK für das Jahr 2025 205,32€ für die Krankenversicherung und 52,32€ für die Pflegeversicherung an. Zusammen ergibt das 257,64€, welche im zweiten Monat gezahlt werden müssten.

Unbezahlter Urlaub heißt aber kein Einkommen!

Richtig, dennoch muss auch der jeweilige Handwerker bezahlt werden, entsprechend gehe ich an dieser Stelle davon aus, dass die finanziellen Mittel zum Zahlen des Handwerkers vorhanden sind. Hierbei ist es gleich, ob es sich um erspartes oder einen Kredit handelt. Für unseren Handwerker mit Mindestlohn, bei 160 Arbeitsstunden pro Monat wären das 42,73€/Std * 160Std = 6.836,80€. (Wie bereits oben beschrieben, möchte ich in der Rechnung nichts klein rechnen, daher nehme ich einen vollen Monat mit 20 Arbeitstagen, an denen der Handwerker auch jeweils 8 Std arbeitet.)

Ob die 6.836,80€ nun in meine laufenden Kosten und eine freiwillige Krankversicherung oder die Rechnung für den Handwerker fließen sollte egal sein.

Wie viel muss ich verdienen, damit ich teurer bin als der Handwerker?

Hier die kleine Tabelle, um die Frage zu beantworten:

Bruttojahresgehalt Jahres Netto Monats Netto D-DIY Grenze
30000€ 21258,12€ 1771,51€ 12,02€/Std
32526€ 22681,56€ 1890,13€ 12,83€/Std
35000€ 24059,28€ 2004,94€ 13,61€/Std
37944€ 25679,64€ 2139,97€ 14,52€/Std
40000€ 26798,52€ 2233,21€ 15,16€/Std
42700€ 28250,52€ 2354,21€ 15,98€/Std
45000€ 29473,32€ 2456,11€ 16,67€/Std
47244€ 30653,64€ 2554,47€ 17,34€/Std
50000€ 32084,88€ 2673,74€ 18,15€/Std
52159€ 33192,96€ 2766,08€ 18,77€/Std
55000€ 34632,24€ 2886,02€ 19,59€/Std
58214€ 36236,64€ 3019,72€ 20,5€/Std
60000€ 37116,24€ 3093,02€ 20,99€/Std
65000€ 39537,12€ 3294,76€ 22,36€/Std
65843€ 39938,76€ 3328,23€ 22,59€/Std
70000€ 42119,88€ 3509,99€ 23,82€/Std
75000€ 44691,12€ 3724,26€ 25,28€/Std
77105€ 45750,12€ 3812,51€ 25,88€/Std
80000€ 47183,76€ 3931,98€ 26,69€/Std
85000€ 49601,4€ 4133,45€ 28,06€/Std
90000€ 51961,92€ 4330,16€ 29,39€/Std
95000€ 54128,88€ 4510,74€ 30,62€/Std
97680€ 55352,88€ 4612,74€ 31,31€/Std
100000€ 56495,16€ 4707,93€ 31,95€/Std
105000€ 58956,24€ 4913,02€ 33,35€/Std
110000€ 61417,44€ 5118,12€ 34,74€/Std
115000€ 63878,4€ 5323,20€ 36,13€/Std
120000€ 66339,6€ 5528,30€ 37,52€/Std
125000€ 68800,68€ 5733,39€ 38,91€/Std
130000€ 71261,76€ 5938,48€ 40,31€/Std
135000€ 73836,6€ 6153,05€ 41,76€/Std
140000€ 76432,08€ 6369,34€ 43,23€/Std
145000€ 79027,56€ 6585,63€ 44,7€/Std
150000€ 81623,04€ 6801,92€ 46,17€/Std
213286€ 114474,96€ 9539,58€ 64,75€/Std

Zur Erinnerung: Das Monats Netto stammt vom Brutto Netto Rechner der Sparkasse, den ich auch oben verwendet habe, Die D-DIY Grenze berechne ich mit Monats Netto * 12 / 1.786 Std. Also dem Betrag, den der Arbeitnehmer praktisch pro Stunde auf sein Konto überwiesen bekommt.
Und das Gleiche noch mal, aber dieses Mal mit den Kosten für die Krankenversicherung

Bruttojahresgehalt Monats Netto Monats Netto – KV D-DIY Grenze
30000€ 1771,51€ 1513,87€ 10,28€
32526€ 1890,13€ 1632,49€ 11,08€
35000€ 2004,94€ 1747,30€ 11,86€
37944€ 2139,97€ 1882,33€ 12,78€
40000€ 2233,21€ 1975,57€ 13,41€
42700€ 2354,21€ 2096,57€ 14,23€
45000€ 2456,11€ 2198,47€ 14,92€
47244€ 2554,47€ 2296,83€ 15,59€
50000€ 2673,74€ 2416,1€ 16,40€
52159€ 2766,08€ 2508,44€ 17,03€
55000€ 2886,02€ 2628,38€ 17,84€
58214€ 3019,72€ 2762,08€ 18,75€
60000€ 3093,02€ 2835,38€ 19,24€
65000€ 3294,76€ 3037,12€ 20,61€
65843€ 3328,23€ 3070,59€ 20,84€
70000€ 3509,99€ 3252,35€ 22,07€
75000€ 3724,26€ 3466,62€ 23,53€
77105€ 3812,51€ 3554,87€ 24,13€
80000€ 3931,98€ 3674,34€ 24,94€
85000€ 4133,45€ 3875,81€ 26,31€
90000€ 4330,16€ 4072,52€ 27,64€
95000€ 4510,74€ 4253,10€ 28,87€
97680€ 4612,74€ 4355,10€ 29,56€
100000€ 4707,93€ 4450,29€ 30,21€
105000€ 4913,02€ 4655,38€ 31,60€
110000€ 5118,12€ 4860,48€ 32,99€
115000€ 5323,2€ 5065,56€ 34,38€
120000€ 5528,3€ 5270,66€ 35,77€
125000€ 5733,39€ 5475,75€ 37,17€
130000€ 5938,48€ 5680,84€ 38,56€
135000€ 6153,05€ 5895,41€ 40,01€
140000€ 6369,34€ 6111,70€ 41,48€
145000€ 6585,63€ 6327,99€ 42,95€
150000€ 6801,92€ 6544,28€ 44,42€
213286€ 9539,58€ 9281,94€ 63,00€

Für mich sind diese Zahlen nun sehr überraschend. Unser Handwerker mit Mindestlohn und Kosten von 42,73€ wird erst ab einem Jahresgehalt von knapp unter 145000€ günstiger als das selbst Handanlegen. Laut statistischem Bundesamt sind wir dabei bereits in den oberen 10%.
Die 76€ der HWK und DHZ liegen oberhalb der 99% Marke des statischen Bundesamtes. Rechnen wir umgekehrt, 76€ / Std * 1786Std = 135.736€. Ein Bruttojahresgehalt von 254.250€ bringt uns zu einem Monats Netto von 11.311,60 und einem Jahres Netto von 135.739,20€ und nah an den berechneten Wert. Also, günstiger als der Handwerker ist jeder, der weniger als 254.250€ im Jahr verdient.
Und zu guter Letzt, wie schaut es aus, wenn jemand der für Mindestlohn arbeitet, einen Handwerker, der Mindestlohn verdient beauftragt? 12.82€ / Std* 40 Std / Woche * 4 Wochen = 2051.2€ / Monat, Brutto. Daraus werden dann 1.514,00€ Netto also 18.168€ Netto im Jahr. 18.168€ / 1786 Std = 10.17€ / Std. Damit muss er 4.2 Std arbeiten, um seinen Handwerker für eine Stunde zu bezahlen.

Und nun?

Nicht viel, jeder trifft seine Entscheidungen, wie er sie trifft. Die obige Kalkulation ist an vielen Stellen rein theoretisch, da sie Faktoren wie Garantie und Gewährleistung und Verschleiß vollkommen ignoriert, genau wie die Qualität und mögliche Selbstüberschätzung. Auch zeigt die Rechnung nur die Steuerklasse 1 für jemanden ohne Kinder, der Kirchensteuer zahlt. Durch Freibeträge etc. steigt natürlich der Wert einer einzelnen Stunde weiter. Zusätzlich lassen sich diverse Arbeiten von der Steuer absetzen, wodurch sich die effektiven Kosten pro Stunde wieder etwas “reduzieren” lassen.
Sind Handwerker zu teuer? Gute Frage! Die Referenzzahlen zeigen, dass sie definitiv nicht sonderlich viel verdienen, dennoch sind sie nicht sonderlich erschwinglich.
Das gesagt, bin ich dennoch erschrocken und irritiert von den Zahlen und suche immer noch nach einem Rechenfehler. Die Zahlen geben mir nun die Möglichkeit zu pöbeln, wenn das nächste Mal jemand sagt er sei teurer als sein Handwerker und damit sagen möchte, es wäre günstiger jemanden zu bezahlen als es selbst zu tun. Mich selbst bedrücken die Zahlen etwas, da ich nun weiß, dass ich jenseits der 145k€ pro Jahr verdienen müsste, bevor es sich rein finanziell lohnt Arbeiten abzugeben…

Ich hoffe die Rechnung und Ausführung regt die eine oder andere Diskussion an.